Beginnend bei beherrschbaren, jedoch nicht minder beeinträchtigenden, Erkrankungen wie etwa Durchfall oder Magenbeschwerden bis hin zu ernsthaften Krankheiten wie zum Beispiel Krebs: Die WHO warnt vor mit Keimen belasteten Nahrungsmitteln, durch die Jahr für Jahr zwei Millionen Menschen sterben.
Eier, Fertiggerichte, Geflügel und viele weitere Nahrungsmittel können eine für das menschliche Auge unsichtbare Gefahrenquelle darstellen, sofern sie mit gesundheitsschädigenden Keimen belastet sind.
Die Angst vor epidemischen Ausmaßen, die durch die Verunreinigung von Lebensmitteln in kurzer Zeit erreicht werden können, scheint für viele Deutsche weit weg. Doch spätestens 2011 zeigte der Ehec-Erreger deutlich, dass nicht nur, wie vielerorts angenommen, Länder betroffen sein können, deren Hygienestandard als mangelhaft zu beurteilen ist. Auch Deutschland und Europa sind nicht sicher, denn Expertenmeinungen zufolge weist die Lebensmittelsicherheit auch hierzulande nennenswerte Missstände auf.
So können insbesondere Fertiggerichte, Eier und Geflügel tödliche Risiken bergen. Erreger, die bei der Weiterverarbeitung nicht gänzlich vernichtet und abgetötet werden, könnten sich so verbreiten.
Zusätzlich zu heimischen Produkten macht der globale Handel eine internationale Zusammenarbeit notwendig. Dies bewies nicht zuletzt der Ausbruch des Ehec-Erregers, in dessen Folge etwa 1000 Deutsche erkrankten, von denen 50 Betroffene verstarben. Zusätzlich erkrankten Reisende, die Deutschland zu dieser Zeit besuchten, was die Verunreinigung zu einer internationalen Angelegenheit werden ließ.
In diesem Fall konnten die als typische Auslöser geltenden Faktoren wie etwa Fleisch und Eier schnell ausgeschlossen werden, als der Ursprung der sich rasch ausbreitenden Erkrankung gefunden werden sollte. Diesen Ursprung fanden Experten zu guter letzte in Bockshornklee-Sprossen. Diese wurden wiederum anhand von aus Ägypten stammenden Sämereien gezüchtet, welche die Ehec-Keime so ins Land schleusten.
Wie aus einer lokalen Angelegenheit ein globaler Notfall wird
Verunreinigte Lebensmittel sind Auslöser tödlicher Erkrankungen. So sterben Jahr für Jahr etwa zwei Millionen Menschen auf der ganzen Welt an Krankheiten, die in Folge der Aufnahme verunreinigter Lebensmittel auftreten. Dazu erklärt die Direktorin der Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO, dass auch die Entwicklung und Veränderung ständig neue Risiken birgt, da Lebensmittel durch immer neue Wege mit Chemikalien, Viren, Bakterien und Parasiten belastet werden können, die für den Menschen schädlich sind.
So könnte sich aus einer lokal begrenzten Angelegenheit innerhalb kurzer Zeit ein globaler und internationaler Notfall entwickeln. So wäre die Ursachenforschung wesentlich umfangreicher und schwieriger, wenn einzelne Gerichte Zutaten aus der ganzen Welt beinhalten. Dabei sei der Umfang der möglichen Erkrankungen, die verunreinigtes Wasser oder belastete Nahrungsmittel auslösen können enorm. Mehr als 200 verschiedene Erkrankungen, deren Umfang von „kurzfristiger Erkrankung“ bis hin zu „tödlich“ deklariert werden können, können Folgen von unsicherer Ernährung sein.
Schärfere Kontrollen sollen Gefahr eindämmen
Experten vertreten die Ansicht, dass auch Deutschland und der europäische Raum nicht sicher vor Erkrankungen sind, die ihren Ursprung in der Verunreinigung von Lebensmitteln haben. Lebensmittel sind demnach auch hierzulande nicht sicher genug, was häufig auf Missstände in Sachen Hygiene zurückzuführen sei. Hier sind verschiedene Quellen mögliche Auslöser, die sowohl auf dem Bauernhof als auch in Lebensmittelgeschäften und im Haushalt zu finden sind.
Hunderttausende Europäer erkranken demnach jährlich, denn schlussendlich ist kein Land, auch nicht Deutschland, vollkommen sicher. Dies bewies Ehec als repräsentables Beispiel im Jahr 2011. Die zuständigen Behörden sind diesbezüglich stets um Optimierung bemüht, was sich nicht zuletzt anhand der immer mehr verfeinerten Alarmsysteme und Lebensmittelkontrollen zeigt. Ausreichend sind diese Bemühungen jedoch nicht, so Experten, worauf die WHO am 7. April, dem Weltgesundheitstag, aufmerksam macht. Dieser steht unter dem Motto „Lebensmittelsicherheit: vom Bauernhof zum Teller“.
Um die Sicherheit der Lebensmittel zu verbessern, sind vielerlei Faktoren zu beachten. Diese reihen sich entlang der Nahrungsmittelkette. Langfristige Verbesserungen und sichere Lebensmittel sind nur dann möglich, wenn sowohl Hersteller als auch Verarbeiter sowie schlussendlich der Konsument gewisse Regeln der Hygiene befolgen. Zudem ist dies sowohl von den Beteiligten als auch von Seiten der Behörden gründlich zu kontrollieren. Um die Möglichkeiten für die WHO zu steigern, die durch unreine Lebensmittel verursachten Erkrankungen zu bestimmen, sind lückenlose Alarm- und Überwachungssysteme essenziell. Der Verbraucher erkennt beim Einkauf der Lebensmittel in aller Regel nicht, ob die Nahrungsmittel seiner Wahl eine Gefahr bergen oder nicht.
Werden wir aufmerksamer oder steigt das Risiko?
Europäische Schnellwarnsysteme zeigen deutlich, dass die Fälle von Erkrankungen, die auf verunreinigte Lebensmittel zurückgehen, stetig mehr werden. Doch tatsächlich könnte diese Schlussfolgerung ebenso auf die erhöhte Aufmerksamkeit zurückzuführen sein, wie auf ein erhöhtes Risiko. Anhand der neuen Systeme ist es erstmals möglich, genauer zu beobachten, wie sich die Zahlen entwickeln – Vergleichsdaten gibt es jedoch nicht, wodurch schwer abzuschätzen ist, ob es einen weltweiten Anstieg oder gar Rückgang der Erkrankungen gibt. Möglich wäre demnach auch, dass wir durch neue Regelungen und Systeme lediglich aufmerksamer geworden sind. Die WHO-Experten jedoch gehen davon aus, dass das Risiko steigt.
Diese Vermutung fußt auf Beobachtungen, so die Experten der WHO. Die Tatsache, dass die Menschen das gesamte Jahr Lebensmittel genießen möchten, die überall auf der Welt angebaut werden, treibt den weltweiten Handel an und Erreger haben leichteres Spiel. Reisen sowie der In- und Export von Tieren tun ihr Übriges dazu, dass sich schädliche Erreger verbreiten. Der Verzehr von rohen sowie abgepackten Lebensmitteln aus dem Supermarkt steigert das Gefahrenpotenzial zusätzlich.
Die steigende Anfälligkeit der Menschen, nicht zuletzt in Deutschland, wo das durchschnittliche Lebensalter stetig steigt, birgt zusätzliches Potenzial. Anderenorts gilt Gleiches für Armut und Wetterextreme, die den Erregern zusätzlich leichtes Spiel bieten.
Kriterium Wasserqualität – einer der wichtigsten Faktoren
Hygieneprobleme sind auch in fortgeschrittenen Ländern keine Seltenheit. Denn, auch wenn es innerhalb der EU-Länder einen regen Austausch in Sachen Infektionen gibt, wurden allein im Jahr 2013 weit mehr als 310.000 Erkrankungen gemeldet, die auf bakterielle Lebensmittelinfektionen zurückzuführen sind. In mehr als 300 dieser Fälle endeten die Erkrankungen tödlich.
Die Wasserqualität zählt zu den wichtigsten Kriterien, um die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Diese ist jedoch bei Weitem nicht überall auf dem gleichen Stand. Mangelnde Wasserqualität und Hygiene sowie die Abwasserentsorgung können allein innerhalb Europas in etwa zehn Durchfalltodesfällen pro Tag als Auslöser der gefährlichen Infektion identifiziert werden, so Oliver Schmoll von der WHO.
Salmonellen als besonders robuste Standarderreger sind ebenso noch lange nicht aus der Lebensmittelproduktion verschwunden. Die gefährlichen Bakterien finden sich in Eiern und sind verantwortlich für etwa 85.000 Erkrankungen jährlich innerhalb Europas.
Doch die Vorsicht von Verbrauchern, und Verkäufern zahlt sich bereits aus. Erstere achten mittlerweile wesentlich stärker darauf, Eier kühl zu lagern, während Letztere auf exaktere Untersuchungen der Tiere Wert legen, um eventuelle Infektionen frühzeitig zu erkennen. So haben die nordischen Länder kaum noch mit dem robusten Salmonellen-Erreger zu kämpfen, was vor allem der guten Überwachung zu danken ist. Doch während dieser Herd offenbar erfolgreich bekämpft wird, breitet sich Zusehens der in Geflügel vorkommende Campylobacter als weiterer Durchfallerreger in Europa aus.
Hygiene sollte für Verbraucher selbstverständlich sein
Einblick in die Kontrollen und Kenntnis darüber, ob diese regelmäßig und gründlich durchgeführt werden, erhält der Verbraucher im Regelfall nicht. Doch auch wenn diese vorbildlich durchgeführt werden, ist der Verbraucher nicht automatisch auf der sicheren Seite: Eine der größten Schwachstellen in Sachen Hygiene ist schlussendlich der Konsument selbst, beziehungsweise dessen Hygienemoral.
Aus diesem Grunde mahnt die WHO dazu, Sauberkeit und Hygiene mehr Beachtung zu schenken. Insbesondere die Lagertemperatur frischer Lebensmittel sowie das gründliche Kochen gehören zu wesentlichsten Faktoren, die ein Verbraucher beachten sollte. Ebenso mühelos und effektiv: Gemüse und Geflügel sollten beispielsweise nicht auf dem gleichen Schneidebrett geschnitten und verarbeitet werden – denn so gelangen Bakterien unter Umständen vom Geflügel auf die weiteren Zutaten. Hierbei handelt es sich, so die Experten der WHO um eines der am weitesten verbreiteten Probleme weltweit.