Egal, wie hoch die Sicherheitsstandards sind, spätestens die Katastrophe von Fukushima 2011 hat gezeigt, dass Kernenergie eine unvorhersehbare und gefährliche Macht ist. Als die Bilder des zerstörten japanischen Reaktors um die Welt gingen, war auch in Deutschland die Angst vor den gesundheitlichen Folgen groß. Bis heute sind die Auswirkungen auf den menschlichen Körper in Japan überall zu sehen.
Alle Schäden, die durch radioaktive, ionisierende Strahlung verursacht werden, werden von der Weltgesundheitsorganisation unter dem Begriff Strahlenkrankheit zusammengefasst. Die Anzahl und Schwere der einzelnen Symptome hängt davon ab, wie lange und intensiv der Körper diesen Strahlen ausgesetzt ist. So sind zum Beispiel Menschen in unmittelbarer Umgebung eines Reaktorumfalls intensiver Strahlung in kürzester Zeit ausgesetzt. Diese Dosis kann der Körper nicht einfach abbauen. Geschieht der Einfluss jedoch in geringen Mengen über mehrere Jahre, etwa auch hier in Deutschland nach Tschernobyl im Jahre 1986, ist der Mensch in der Lage, akute Symptome und zellulare Reaktionen abzuwehren.
Besonders aufwühlend an Unfällen wie Tschernobyl oder Fukushima ist die Tatsache, dass die Menschen in unmittelbarer Umgebung keine Chance haben. Denn bei einer Strahlungsintensität von mehr als 500 Millisievert in wenigen Minuten sterben die menschlichen Zellen ab und der Betroffene stirbt kurz nach dem Reaktorunfall. Zum Vergleich: Unter normalen Umständen ist der Grenzwert für die Strahlenbelastung eines normalen Mensch nicht mehr als ein Millisievert pro Jahr.
Die Auswirkung der radioaktiven Strahlung sind dabei vielfältig: Neben dem Zellsterben setzen Haarausfall, Erbrechen und Blutungen ein. Der Körper reagiert mit Geschwüren, Ausschlägen und das Blut zeigt einen rapiden Abfall von weißen Blutkörperchen. Ist die Exposition weniger intensiv, können die Patienten durch Dekontamination und Bluttransfusionen zumindest vor dem sofortigen Tod bewahrt werden.
Langzeitfolgen der Strahlenbelastung
Doch die Langzeitfolgen der Strahlungsbelastung sind auch nach mehreren Ereignissen dieser Art immer noch genauso umfassend wie unerforscht. Besonders aus versicherungsrechtlicher Sicht und wegen eventueller Schmerzensgeldforderungen scheuen Ärzte oft davor zurück, die Gründe einer später auftretenden Erkrankung in der Strahlenkrankheit zu suchen.
Nichtsdestotrotz sind diese Langzeitfolgen unübersehbar und treten häufig auf. Dazu gehört vor allem die weite Verbreitung von Schilddrüsenkrebs in allen Bevölkerungsschichten in den betroffenen Gebieten. Durch das Absterben der weißen Blutkörperchen im Blut führt eine Strahlenbelastung auch zu Leukämie.
Hinzu kommen viele weitere Krebs- und Tumorarten, Hautreaktionen und bisher unerforschte Erkrankungsmuster. Die betroffenen Gebiete werden dabei nicht nur durch unmittelbare Tote entvölkert, sondern sind auch durch Unfruchtbarkeit verwaist, selbst wenn die Strahlenbelastung sinkt. Betroffene können auch nach Jahren unter Krampfanfällen, zitternden Körperteilen und chronische Kopfschmerzen leiden.
Das Perfide an Reaktorunfällen ist nicht nur, dass eine Gegend auf Generationen hinaus unbewohnbar wird und die Bewohner schwer trifft. Auch beeinflusst das Unglück die kommenden Generationen . Denn das Erbgut wird durch Strahlung so geschädigt und verändert, dass Miss- und Fehlgeburten eine sehr häufige Folge sind. Diese Fehler können sich, je nach Schwere, auch auf mehrere Generationen auswirken.
Was immer unterschätzt wird, obwohl es schwerwiegende Auswirkungen hat, sind die psychischen Folgen einer solchen Katastrophe. Dabei geht es nicht nur um die Bevölkerung, sondern auch um Ersthelfer, Menschen, die verantwortlich sind, um Verwandte aus dem Ausland usw. Eine solche Katastrophe löst ein kollektives Trauma aus, das Menschen auch nach Generationen noch belastet.
Auch Menschen außerhalb des eigentlichen Auswirkungsbereichs von Strahlungsunfällen werden zu einem gewissen Grad der Strahlung ausgesetzt. So wurden nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl in deutschen Pilzen und Wildschweinfleisch stark erhöhte Strahlungswerte festgestellt. Über die Nahrung gelangte diese Strahlung in den menschlichen Körper und überschritt die Höchstwerte um ein Vielfaches. Auswirkungen der Tschernobylkatastrophe auf Deutschland in gesundheitlicher Hinsicht wurden bisher nicht ausreichend erforscht.
Behandlung strahlungsinduzierter Erkrankungen
Eine vorbeugende Maßnahme gegen die Folgen der Strahlenerkrankung, die auch in Fukushima angewandt wurde, ist die Gabe von Kaliumiodid. Dieses Mineral soll im Strahlungsfall verhindern, dass das radioaktive Iodisotop vom Körper bzw. der Schilddrüse aufgenommen wird. Das Kaliumiodid soll eine Barriere gegen radioaktive Jod-Isotope bilden, denn die Schilddrüse ist das Organ, das Jod zur Funktion benötigt und es aus der Umgebung und Nahrung erhält.
Diese Maßnahme kann aber nur vorbeugend eingesetzt werden und hält nur wenige Tage an. Auch ist ihre Wirkungsintensität begrenzt. Außerdem werden andere Symptome, die im Zusammenhang mit Verstrahlung auftreten können, so nicht behandelt.
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