Seit Jahren ist Stevia in aller Munde. Der natürliche Süßstoff gilt als wahres Wunder der Natur. Der Zuckerersatz hat etwa keine Kalorien, sondern soll des Weiteren auch für eine Verbesserung der Zahngesundheit sorgen. Doch erfüllt Stevia seine Versprechen oder gibt es auch etwaige Schattenseiten?
Ist Stevia ein Allheilmittel?
Im Jahr 2011 wurde Stevia von der Europäischen Union zugelassen. Dabei beschloss die EU, dass Stevia nun in Lebensmitteln verwendet werden darf. Bereits vor der offiziellen Zulassung wurde der Zuckerersatz als wahres Wundermittel beworben. Schlussendlich hilft Stevia beim Kampf gegen Übergewicht und Karies. Denn Stevia hat keine Kalorien, süßt die Lebensmittel auf natürliche Art und Weise und eignet sich deshalb auch hervorragend für Diabetiker. Dies deshalb, da Stevia keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat.
Selbst die Naturvölker haben Stevia verwendet
Doch die Geschichte von Stevia hat nicht erst im Jahr 2011 begonnen. Schon die brasilianischen Ureinwohner haben die Pflanze als Süßstoff verwendet. Dabei wurden etwa Getränke oder auch Speisen gesüßt. Der Vorteil der etwa 80 Zentimeter großen Pflanze liegt darin, dass diese 300-mal süßer als gewöhnlicher Zucker ist. Kein Wunder, dass Stevia in den Vereinigten Staaten von Amerika und Japan bereits seit Jahrzehnten am Markt zu finden ist.
Warum wurde Stevia erst im Jahr 2011 zugelassen?
Doch in Europa dauerte es relativ lange, bis der natürliche Süßstoff endlich zugelassen wurde. Dies deshalb, da es immer wieder Meldungen gab, dass Stevia sehr wohl gesundheitsschädlich sei. Der „Stern“ wies etwa darauf hin, dass bereits im Jahr 1968 eine Tierstudie im „Science“ veröffentlicht wurde, welche sich vorwiegend mit der Verträglichkeit von Produkten befasste, die mit Stevia gesüßt wurden. Bei den Tierversuchen wurde festgestellt, dass vorwiegend Hamster an schweren Nierenschäden erkrankten; des Weiteren wurde die Spermienproduktion unterdrückt. Das Argument, dass bereits Urvölker Stevia verwendet haben, scheint aber nicht diese Schattenseiten der Studie zu entkräften. Im Gegenteil – man könnte eher meinen, dass dieses Argument mehr die Kaufentscheidung der Bevölkerung beeinflussen solle.
Die extrastarke Süßkraft
Der Lebensmittelausschuss der Europäischen Union forderte daher die Überprüfung von Stevia. Man wollte sichergehen, dass keine gesundheitlichen Schäden beim Menschen auftreten können. Aus diesem Grund wurde die Stevia-Pflanze von Chemikern untersucht und in weiterer Folge gentechnisch behandelt, sodass nur die Extrakte der Süßkraft übrig blieben. So konnte der Lebensmittelausschuss sicher gehen, dass keine gesundheitlichen Folgeschäden auftreten können. Fakt ist: Die Stevia-Pflanze hat die Zulassung innerhalb der Europäischen Union nicht erhalten; vielmehr handelt es sich um den (künstlich) extrahierten Süßstoff.
Stevia soll in Maßen genossen werden
Pro Kilogramm Körpergewicht dürfen nicht mehr als vier Milligramm Stevia konsumiert werden. Jene Empfehlung wurde von der Europäischen Union ausgesprochen. Der Grenzwert bedeutet in weiterer Folge, dass Lebensmittel nur zu einem gewissen Prozentsatz mit dem Ersatzzucker gesüßt werden dürfen. Experten sowie Verbraucherschützer warnen davor, dass diese Grenzmenge vor allem schnell von Kindern erreicht wird. Ein Kind, welches 16 Kilogramm hat, würde daher mit zwei Kaugummis, einem Joghurt und einem halben Liter (mit Stevia gesüßter) Limonade den Grenzwert überschreiten. Hedi Grunewald, die Lebensmittelexpertin der niedersächsischen Verbraucherzentrale, warnt daher immer wieder von einem Übergenuss an mit Stevia versetzten Produkten.
Die Kennzeichnung
Werden Lebensmittel mit Stevia gesüßt, muss dies gekennzeichnet werden. Dabei finden sich die Vermerke „Stevioglycoside“ oder auch „E 960“ auf der Verpackung. Stevia findet sich etwa in alkoholfreien Getränken, Milchprodukten oder mitunter in Konfitüren. Nur wer die abgedruckten Inhaltsstoffe liest, kann sicher sein, ob Stevia enthalten ist oder nicht. Mitunter gibt es auch Produkte, die bereits damit werben, den Ersatzzucker Stevia zu beinhalten.
Auch Diabetiker sollten vorsichtig sein
Auch wenn damit geworben wird, dass Stevia keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat und somit gefahrlos für Diabetiker geeignet ist, warnen etliche Diabetes-Verbände vor der Überdosierung. Schlussendlich dürfen auch Diabetiker Produkte, die mit Stevia gesüßt werden, nur in Maßen konsumieren. Denn die Folgen einer Überdosierung seien noch nicht geklärt. Denn auch wenn Stevia keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel hat, bewirken die Bestandteile des Lebensmittels (Fette, Kohlenhydrate) einen Anstieg des Blutzuckers. Aus diesem Grund raten einige Experten auch vom Verzehr von Produkten an, welche mit Stevia gesüßt wurden.
„Natürlich“ oder nicht?
Auch wenn damit geworben wird, dass es sich bei Stevia um ein Naturprodukt handelt, ist das zugelassene Extrakt, das aus der Stevia-Pflanze gewonnen wird, künstlich. Aus diesem Grund kann auch nicht von einem „natürlichen Allheilmittel“ gesprochen werden. Udo Kienle, Agrarwissenschaftler, hat gegenüber dem „Stern“ bereits ausgeführt, dass am Ende des Vorgangs kein natürliches Produkt, sondern nur ein Extrakt als Ersatzzucker verwendet wird, das aus einem chemischen Verfahren gewonnen wurde.