Dass der westliche Lebensstil zu Krankheiten führt, scheint weniger eine Annahme als eine Tatsache zu sein. Experten warnen vor weiteren Folgen. Bluthochdruck, Stoffwechselstörungen sind nur zwei Beispiele von Erkrankungen, die in den Industrienationen immer mehr Verbreitung finden. Bei der Untersuchung der Darmflora von Menschen unterschiedlicher Kulturen haben Forscher erstaunliche Ergebnisse erhalten.
Zivilisationskrankheiten und ihre Ursachenforschung
Bakterien im Verdauungstrakt haben einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen. Dies ist die Schlussfolgerung verschiedener Studien. Die Darmflora spielt dabei eine zentrale Rolle. Berichten der Nachrichtenagentur dpa zufolge wurden von Biologen Bakterien im Darm von Menschen unterschiedlichster Kultur verglichen. Weitere Untersuchungen dauern an. Ziel der Forschung ist, Grundlagen für Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Allergien, entzündliche Darmerkrankungen und Fettleibigkeit (Adipositas) zu entschlüsseln. Ersten Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich bei Menschen aus der westlichen Welt weniger Bakterienstämme nachweisen lassen. Die Mikroorganismen im Darm sind in der westlichen Welt verringert.
Isolation vergrößert die Anzahl von Mikroorganismen im Darm
Bei isoliert lebenden Gruppen im Amazonasgebiet und auf Papua-Neuguinea wurde die Darmflora untersucht. Verglichen mit jungen Studenten in den USA fand sich bei den Einwohnern aus Papua-Neuguinea eine deutlich größere Artenvielfalt. Einer weiteren Studie nach zu urteilen, weist die Darmflora der Yanomami-Indianer aus dem Amazonasgebiet von Venezuela eine Besonderheit auf. Hier wurde eine hohe Variation mikrobiologischer Bakterien vorgefunden.
Analyse und Vergleich von Stuhlproben
In Papua-Neuguinea untersuchte ein internationales Forscherteam der Federation University Australia die Darmflora von 40 Angehörigen der Gruppen Asaro und Sausi. Im Inneren des Landes ansässig, leben diese Menschen von Landwirtschaft. Eine zentrale Wasser- und Stromversorgung besteht nicht. Bei jeweils 20 Vertretern der Asaro und Sausi wurden die Stuhlproben auf das Erbgut der verschiedenen Organismen hin analysiert. Verglichen wurde die Darmflora von 22 Studenten aus verschiedenen Ländern, die an US-Universitäten studierten. 47 Mikroben, die bei den Einwohnern von Papua-Neuguinea in jedem Darm nachgewiesen werden konnten, waren bei der Studentengruppe grundsätzlich nicht aufzufinden. Die Studentengruppe wiederum hatte lediglich vier wesentliche Bakterienstämme zusätzlich aufzuweisen. Dies geht aus einem Artikel des Fachmagazins „Cell Reports“ hervor. Trotz ihrer deutlich erhöhten bakteriellen Vielfalt waren die Unterschiede der Darmflora von Einwohnern aus Papua-Neuguinea geringer als die der Studentengruppe.
Ernährung nur ein Faktor
Eine Rolle scheint nicht nur die unterschiedliche Ernährung zu spielen. Auch die Lebensweise der Menschen auf Papua-Neuguinea, die einen engeren Kontakt zu ihren Mitmenschen haben und die sich außerdem in einer nicht keimfreien Umgebung aufhalten, ist offenbar ein weiterer Faktor. Ergebnisse deuten darauf hin, dass Trinkwasseraufbereitung und Hygiene die Verbreitung von Bakterienstämmen deutlich reduziert. Die im Mikrobiom gefundenen Unterschiede wären so erklärbar.
Vielfalt der Mikroorganismen bei US-Bürgern geringer
Im Fachjournal „Science Advances“ kommen Wissenschaftler von der New York University School of Medicine zu einem ähnlichen Resultat hinsichtlich der Yanomami in Venezuela. Bis zum Jahr 2009 hatten die Yanomami, eine Gruppe aus Jägern und Sammlern, zur westlichen Zivilisation keinen bekannten Kontakt. Von 34 Yanomami wurden Speichel-, Stuhl- oder Hautproben bei der ersten Begegnung gesammelt. Im Vergleich zu anderen isoliert lebenden Gruppen in Afrika und Südamerika fanden die Wissenschaftler bei den Indianern eine außergewöhnlich hohe Vielfalt an Mikroorganismen. Die biologische Vielfalt bei US-Bürgern ist im Vergleich dazu um 40 Prozent geringer. Dies betrifft Mikroorganismen sowohl im Darm als auch auf der Haut. Variationen der Darmflora hängen offenbar ebenfalls von der Klimazone ab. Wissenschaftler der University of California in Berkeley und der University of Arizona kamen zu dieser Schlussfolgerung. Dabei wurden die Daten von sechs bereits zurückliegender Studien berücksichtigt. In kälteren Regionen fanden sich durchschnittlich mehr Bakterien mit einem höheren Gewicht.
Fäkal-Transplantation – ein neuer Ansatz
Die Bedeutung der Darmbakterien ist bereits seit Jahren gut belegt. Dass Bakterien eine positive Wirkung beim Kampf gegen Allergien besitzen, wurde in einer Studie im Jahr 2014 nachgewiesen. Clostridia-Bakterien verringerten die Sensibilität Allergie auslösender Stoffe bei Versuchen, die mit Mäusen durchgeführt wurden.
Eine größere Vielfalt von Bakterien scheint einen gesundheitlichen Vorteil zu haben. Aus dieser Erkenntnis wurde eine medizinische Therapie abgeleitet, die Fäkaltransplantation. Patienten wird der Stuhl gesunder Menschen mithilfe von Kot-Kapseln übertragen. Die Darmflora, die aus dem Gleichgewicht geraten ist, soll durch die in den Kapseln enthaltenen Bakterien wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden. Einige Mediziner setzen mittlerweile bei Erkrankungen des Darms auf die Wirkung der Stuhltransplantation anstelle von Antibiotika. Eine Behandlung mit Medikamenten führt oft zu Nebenwirkungen wie Fieber, Durchfall und Bauchschmerzen. Die Methoden in der Naturheilkunde liegen wiederum in der Stärkung vom Immunsystem oder der Entgiftung über Detox.