Immer mehr Menschen haben ein Problem, bei dem es nicht um Alkohol oder Drogen geht. Es geht um die „Internetsucht“ oder den Zwang, ständig mit digitalen Medien kommunizieren zu müssen. Wer ohne sein Smartphone oder Tablet nicht leben kann, braucht unbestritten professionelle Hilfe. Die gibt es jetzt: Digital Detox ist eine Entgiftung im Offline-Camp.
Viele Menschen schwören schon heute auf das Entgiften. Entgiftungen versprechen die Reinigung des Körpers. Sie wirken sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit aus. Was in diesem Zusammenhang das Internet und die digitalen Medien für eine Rolle spielen und welche Erfahrungen betroffene im Offline-Camp machen konnten, berichten wir in diesem interessanten Beitrag.
Die ständige Überflutung mit Reizen ist nicht gut für unser Konzentrationsvermögen
Wer an einem Offline-Camp teilnehmen möchte, muss in dieser Zeit all seine mobilen Endgeräte ausschalten. Anstelle dessen sollten die Mailbox und der Abwesenheitsassistent aktivier sein. Im Offline-Camp sind digitale Medien verboten, das heißt, sie dürfen gar nicht erst mitgebracht werden. So wie in eine Suchtklinik auch kein Alkohol mitgebracht werden darf. Dadurch soll den Teilnehmern bewusst werden, welche Abhängigkeiten durch den ständigen Umgang mit Smartphone, Tablet und Co. entstanden sind und welche Auswirkungen das auf alle Aktivitäten des Lebens hat. Wenn Menschen ohne ihr Smartphone nicht leben können, sie es nie ausschalten und alle paar Minuten nachsehen müssen, was online abgeht, haben sie ein abhängiges Nutzungsverhalten entwickelt. Konzentrationsstörungen sind eine Folge unnormalen Nutzungsverhaltens. Das merken Betroffene oft erst im Camp. Teilnehmer berichten, dass es ihnen draußen immer schwerer fiel, Aufgaben von großer Komplexität am Stück zu erledigen. Das Smartphone ist vielen eine willkommene Ablenkung. Carsten H. (Name geändert) ist 35 Jahre. Er verlebte zehn spannende Tage im Offline-Camp in einem abgeschiedenen Kloster in der Nähe von Palm Springs. Ganz in der Nähe wohnt er auch seit einigen Jahren.
Disziplin ist notwendig, um durchzuhalten
Bei Camps dieser Art, die in Deutschland stattfinden, dauert der Aufenthalt maximal fünf Tage. Dabei haben die Teilnehmer der Camps die Aufgabe eine gesunde Balance zwischen digitalem und realem Leben zu finden. Es gibt viele Menschen, die regelrecht Entzugserscheinungen haben, wenn die Internetverbindung unterbrochen ist oder sie ihr Smartphone irgendwo liegen gelassen haben. Wer nicht mehr abschalten kann, ist nicht mehr produktiv. Um den Teilnehmern an den Offline-Camps ein neues Bewusstsein für digitale Medien und deren Verwendung zu geben, finden im Camp Workshops und Vorträge zum Thema statt. Parallel gibt es Yoga und Meditation. Auf Wanderungen lernen die Teilnehmer, abzuschalten und zu entspannen. Das Problem sind nicht die digitalen Medien, sondern der Umgang mit ihnen. Wer es schaffen will, wieder die volle Kontrolle über sein Handeln und die Mediennutzung zu bekommen, muss diszipliniert und hart zu sich selbst sein. Sonst wird das nix.
Im Camp in Palm Springs gab es strenge Regeln. Im Kloster herrschte absolutes Kommunikationsverbot. Nicht einfach nur keine digitalen Medien, sondern auch keine Bücher, kein Fernsehen und keine Gespräche mit anderen Teilnehmern. Das alles diente dem Ziel, eine Selbstreflexion zu erreichen. Wie Carsten berichtet, war der erste Tag der schwierigste Tag. Das ging so weit, dass er Angst hatte, in Panik zu verfallen. Wer Probleme hat und sich nicht wie gewohnt ablenken kann, muss sich plötzlich mit diesen Problemen beschäftigen. Wer das nicht will, wird es nicht schaffen. Carsten erzählt, dass gut die Hälfte der Teilnehmer das Offline-Camp vorzeitig verlassen haben. Carsten hat es geschafft und nach einigen Tagen fiel es ihm deutlich leichter, ohne digitale Medien auszukommen.
Digital Detox hat den bewussten Umgang mit Medien zum Ziel
In den deutschen Camps hat es noch keine Abbrüche gegeben, was sicher auch daran liegt, dass die Aufenthaltszeit kürzer ist. Aber es gibt auch nach einigen Tagen noch Situationen, in denen die Teilnehmer reflexartig in die Tasche greifen, um das Smartphone rauszuholen. Während des Camps werden für alle Teilnehmer Strategien erarbeitet, wie sie die digitalen Medien in Zukunft bewusst und sinnvoll einsetzen.
Viele ehemalige Teilnehmer berichten, dass sie nach dem Camp ihr Nutzungsverhalten geändert haben. Carsten zum Beispiel hat gelernt, Grenzen zu setzen und Prioritäten zu vergeben. Er hat eine Liste erstellt, in die er Websites und Apps einträgt, die ihm Zeit stehlen. Er beobachtet sich selbst jetzt sehr genau, um nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen.