Die Ergebnisse der WHO haben ergeben: Bis zum Jahre 2020 wird die Depression neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den Krankheitsgruppen mit den meisten Patienten gehören. Zudem soll die Behandlung von Depressionen bis zu diesem Zeitpunkt auch die höchsten Kosten verursachen.
Im Durchschnitt liegt die Lebenszeitprävalenz für depressive Erkrankungen bei 17 Prozent, davon sind weitaus mehr Frauen als Männer betroffen. Als Alternative zu Psychopharmaka können die symptomatischen Beschwerden einer Depression auch mit einer Mikronährstofftherapie, auch orthomolekulare Medizin genannt, behandelt werden. Aber wie hängen unsere Stimmung und unser psychisches Befinden überhaupt mit der Mikronährstoffversorgung zusammen?
Bevor wir zu einer Erläuterung der therapeutischen Ansätze der Mikronährstofftherapie kommen, macht es an dieser Stelle Sinn, zuerst die folgenden neurobiologischen und stressphysiologischen Hintergründe einer Depression darzulegen:
Depressionen führen zum einen auf schwere psychische Belastungen zurück. Zum anderen können sie auch in einer Störung auf neuronaler, neuroendokriner oder molekularer Ebene begründet liegen. Depressive Erscheinungen wurden früher ätiologisch in psychogene, somatogene und endogene Formen kategorisiert. Diese Einteilung wurde inzwischen zugunsten der Klassifikation nach ICD-10 verworfen. Heute unterscheidet man zwischen den depressiven Episoden, bipolaren affektiven Störungen, rezidivierenden depressiven Störungen sowie den anhaltenden affektiven Störungen.
Bisher wurden verschiedene neurobiologische Auffälligkeiten bei Depressionen gefunden. Doch konnte es noch nicht eindeutig belegt werden, inwiefern diese eine Depression hervorrufen können. Vielleicht wirken hier auch ganz andere Faktoren mit. Nach der sogenannten Monoamin-Hypothese kann eine depressive Erkrankung mit der Unterfunktion des serotoninergen und noradrenergen Systems zusammenhängen. Genau aus diesem Grund verfolgt die antidepressive Pharmakotherapie das Ziel, das Defizit durch ein erhöhtes Angebot an Monoamin-Neurotransmittern auszugleichen. Depressive Patienten weisen möglicher Weise auch eine Stoffwechselstörung oder eine Störung in der Verteilung der Neurotransmitter GABA, Acetylcholin und Glutamat auf, so das Ergebnis einiger Untersuchungen.
Eine weitere Ursache von Depressionen liegt in der Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse). In diesem Fall ist die Menge an Glucocorticoidrezeptoren im Zentralnervensystem so stark vermindert, dass eine negative Rückkoppelung von Cortisol auf die Neuronen nicht mehr optimal verläuft. Das Resultat: Die CRH-Neuronen setzen eine große Menge an dem Neuropeptid CRH frei, das für das Auslösen von Angst- und Depressionsgefühlen zuständig ist. Gleichzeitig kommt es zu einer verstärkten Ausschüttung der Hormone ACTH und Cortisol. Es ist bereits bekannt, dass bei Depressionspatienten ein Hypercortisolismus, nämlich ein Überangebot an Glucocorticoiden, vorliegt. Dieser ist auch dafür verantwortlich, dass die Betroffenen an einer chronischen Immunschwäche sowie an erhöhten Infektionsanfälligkeiten leiden. Eine erhöhte Cortisolkonzentrationen führt außerdem zu einer Fettansammlung im abdominalen Bereich und erhöht so das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Und schließlich scheint eine depressive Erkrankung auch mit den proinflammatorischen Zytokinen in Verbindung zu stehen. Zu den depressionsauslösenden Zytokinen zählen etwa das Interleukin-1, der Signalstoff des Immunsystems Tumornekrosefaktor-α sowie das Glykoprotein Interferon-Gamma. Bei Depressionspatienten werden oftmals auch eine Vergrößerung der Amygdala mit gleichzeitiger Verkleinerung des Hippocampus festgestellt.
An diese Erkenntnisse anknüpfend kommen wir nun zu den Ansätzen der Mikronährstofftherapie. Diese Form der Therapie konnte in vielen Fällen den Patienten tatsächlich zu einer symptomatischen Verbesserung verhelfen. So kann die orthomolekulare Therapie bei einer leichten Form der Depression auch als Monotherapie in Erwägung gezogen werden. Doch wird sie eher als eine ergänzende Therapieform zu anderen Therapien eingesetzt. Im Fokus dieser Therapie stehen die verschiedenen Prozesse des Organismus wie etwa der Neurotransmittermetabolismus, der Energiestoffwechsel, die Stresstoleranz, die Immunkompetenz sowie die antioxidative Kapazität.
Zur therapeutischen Behandlung werden die folgenden Mikronährstoffe eingesetzt:
Magnesium, Selen, Zink, Kupfer, Eisen, Vitamine B1, B2, B12, B6, C und D, Folsäure sowie Tryptophan.
Depressionspatienten leiden häufig an einem Mangel an mehreren Mikronährstoffen. Dabei gilt es zu beachten, dass Depressionen keine einheitlich definierbaren Störungen sind. Somit gibt es für dieses Krankheitsbild auch kein allgemeingültiges Muster an Mikronährstoffdefiziten. Für jeden Patienten muss mithilfe von Laborergebnissen ein individuelles Therapieprogramm zusammengestellt werden. Denn nur mit einer gezielten und individuell angepassten Therapie kann eine Besserung des psychischen Befindens eintreten.